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Forum "Wo bleibe ich? - Wohnen für Neuzuwanderer"

Hintergrund

Die Diskussion um Problemhäuser entspannte sich maßgeblich, als vor rund zwei Jahren die städtische Wohnungsgesellschaft DOGEWO21 damit begann, einige dieser Immobilien aufzukaufen und (teilweise in Kooperation mit der Stiftung Soziale Stadt) zu sanieren. Weitere Eigentümer folgten dem Beispiel der Stadttochter. Sanierungen, die hochwertige Wohnungen zum Ergebnis haben, sind sicherlich positiv zu beurteilen, da auch und insbesondere in der Nordstadt qualitativ guter Wohnraum benötigt wird.

Dennoch stellt sich die Frage: Wo bleiben die Neuzuwanderer? Neuzuwanderer sind ausdrücklich nicht die Zielgruppe der angesprochenen Sanierungsobjekte. Nur wenn es gelingt, auch deren Wohnsituation zu verbessern, und ihnen Zugang zum regulären Arbeits- und Wohnungsmarkt zu verschaffen, wird Vermietern, die Profit aus prekären Wohnverhältnissen schlagen, die Grundlage für ihr ausbeuterisches Verhalten entzogen. Auch wenn prekäre Wohnverhältnisse (bis hin zu den sogenannten Matratzenlagern oder auch Obdachlosigkeit) momentan nicht mehr so stark im öffentlichen Fokus stehen, hat sich der Zugang der Neuzuwanderer zum Wohnungsmarkt kaum nennenswert verbessert.

Im Rahmen des Forums am 23.03.15 sollte diskutiert werden, wie hier Abhilfe geleistet werden kann. Im Fokus stand dabei das rd. 140 Wohnungen umfassende Modernisierungsprojekt der Aachener Siedlungsgesellschaft in Berlin-Neukölln sowie die flankierenden sozialen Angebote des Vereins ASPE e.V., die als Beispiel „guter Praxis“ zur Integration von Neuzuwanderern im Wohnbereich gelten. Im Anschluss an die Projektvorstellung wurde im Rahmen einer Podiumsdiskussion die Übertragbarkeit auf die Situation in Dortmund erörtert.

Rückblick auf das Forum

Der Planerladen e.V. diskutierte mit Experten über den Zugang zu menschenwürdigen Wohnverhältnissen für Neuzuwanderer in Dortmund. „Solche Projekte wie in der Harzer Straße sollte es auch in Dortmund geben!“, so der erklärte Wunsch von Galya Haka, der Vorsitzenden des Solidaritäts- und Freundschaftsvereins (SFN e.V.) der Neuzuwanderer in Dortmund. Sie selbst ist vor mehr als zwei Jahren aus Bulgarien in die Dortmunder Nordstadt gekommen und berichtete wie viele ihrer Landsleute von nach wie vor nicht gelösten Problemen bei der Wohnungs- und Arbeitsplatzsuche.

Rund 70 interessierte Fachleute und Bewohner waren am 23. März 2015 der Einladung des Planerladen e.V. zu der Kooperationsveranstaltung mit dem Mieterverein Dortmund und Umgebung e.V., der AWO Integrationsagentur und der Auslandsgesellschaft NRW gefolgt, um lebhaft mit den eingeladenen Experten zu diskutieren. Die intensive Diskussionsrunde wurde von Herrn de Boer, Ombudsmann für die Nordstadt, moderiert.

Vorbildhaftes Modernisierungsprojekt mit und für Neuzuwanderer in Berlin-Neukölln

In Berlin-Neukölln hat die Aachener Siedlungs- und Wohnungsgesellschaft („Die Aachener“) vorbildhaft gezeigt, wie den menschenunwürdigen und ausbeuterischen Wohnverhältnissen von Neuzuwanderern begegnet werden kann und gleichzeitig Arbeitsmöglichkeiten geschaffen werden können.

Begleitet wird das Projekt von dem Verein AspE e.V., der mit begleitenden sozialen Angeboten direkt vor Ort die Bewohner unterstützt.

Übertragbarkeit nach Dortmund

Die Experten sind beeindruckt von dem Neuköllner Modell, zumal die Wohnungsgesellschaft für die Modernisierung keinerlei öffentliche Förderung in Anspruch genommen hat. Das Projekt zeigt sehr überzeugend gangbare Wege auf: „Vor allem der Wille und der Mut der ,Aachener‘ müssen kopiert werden und der Weg entsprechend den Dortmunder Voraussetzungen beschritten werden“, appelliert Tülin Kabis-Staubach. „Besonders beeindruckend ist, dass die ,Aachener' den Mut hatte, den Neuzuwanderern zunächst konzentriert Wohnraum anzubieten, um damit auch konzentriert und logistisch einfach die sozialen Angebote direkt vor Ort anbieten zu können. So gelang es in relativ kurzer Zeit aufzuzeigen, dass das Problem nicht im geballten Wohnen, sondern an der Not und Ausweglosigkeit der Menschen lag." 

Die mehrdimensionale Projektidee hat sowohl aus sozial-integrativen als auch aus unternehmerisch-wirtschaftlichen Gesichtspunkten sehr gut funktioniert. Inzwischen werden bei Neuvermietungen in der Harzer Straße nicht mehr nur Neuzuwandererbewerber berücksichtigt. Das Unternehmen bringt sie vielmehr auch in seinen anderen Beständen in verschiedenen Berliner Bezirken unter – ohne nennenswerte Probleme in der Nachbarschaft. Der Weg zur Normalität ist also bestens angebahnt. 

Wohnungsunternehmen und Genossenschaften in die Pflicht nehmen

Rainer Stücker vom Dortmunder Mieterverein sieht hier den Abbau von Vorteilen bei den Vermietern an erster Stelle. Organisationen wie dem Mieterverein oder sozialen Trägern sind mehr oder weniger die Hände gebunden, da sie bei Schutzmaßnahmen für Neuzuwanderer vor ausbeuterischen Vermietern keine alternativen Wohnmöglichkeiten anbieten können. Daher werden Stimmen laut, das städtische Wohnungsunternehmen bei der Lösungssuche in die Pflicht zu nehmen. Jedoch scheint hier der Unterstützungswillen der Politik (noch) zu fehlen. In Dortmund ist der letzte Schritt noch nicht vollzogen: Als vor rund zwei Jahren die städtische Wohnungsgesellschaft DOGEWO21 damit begann, einige der sog. Problemhäuser aufzukaufen und mit lukrativer Landesförderung zu sanieren, weitere Eigentümer dem Beispiel folgten und qualitativen Wohnraum in der Nordstadt schufen, gehörten Neuzuwanderer ausdrücklich nicht zu den Zielgruppen. 

In Bezug auf die private Wohnungswirtschaft kommt hingegen das Dilemma zum Tragen, dass wegen der fehlenden Arbeitsmöglichkeiten und dem Ausschluss der Neuzuwanderer aus den Sozialsystemen die Mietzahlungen nach wie vor häufig nicht gesichert sind.

„Wohnen plus“! Eine Wohnung alleine reicht nicht!

Ricarda Erdmann von der AWO wünscht sich, dass Zuwanderung als Normalität endlich akzeptiert wird und auch Neuzuwanderer einen uneingeschränkten Zugang zum „normalen“ Mietwohnungsmarkt erhalten. Die Mehrheitsgesellschaft dürfe das hier sichtbare Ausmaß an Diskriminierung und Ungleichbehandlung nicht hinnehmen. Oswald Marschall vom Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma richtete zudem einen Appell an die Mehrheitsgesellschaft, auch die in vielen Nachbarschaften anzutreffenden guten Beispiele der Integration von Sinti und Roma zur Kenntnis zu nehmen und bekannt zu machen.

Reiner Staubach vom Planerladen e.V. lobt vor allem die bei diesem Projekt demonstrierte pragmatische Lösungsorientierung. Aus seiner Sicht lassen sich die in Dortmund bereits vorhandenen Projektansätze durchaus in diesem Sinne weiterentwickeln. Das Neuköllner Projekt liefere hier vor allem ein Referenzbeispiel für eine lokale Willkommenskultur. Vor allem habe sich hier ganz klar gezeigt: Die Neuzuwanderer waren nicht das Problem, sondern die Vernachlässigung der Häuser durch den früheren Eigentümer.

 

Hier finden Sie eine ausführliche Dokumentation des Forums: