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19. Juli 2022

Einblicke in eine schwere Zeit

Filmdokumentation "Corona bleibt. Was geht?" des Planerladen über das Leben während der Pandemie

Wenn mehrere Kinder in einem Zimmer schlafen, das Wohnzimmer gleichzeitig Schlafplatz ist oder kleine Kinder die Einhaltung von Hygienemaßnahmen unmöglich machen, ist Stress vorprogrammiert. Am 9.6.22 hat der Planerladen im Kino sweet sixteen den Dokumentarfilm „Corona bleibt. Was geht?“ vorgestellt, der vom Filmemacher Abbas Doğan umgesetzt wurde. Familien mit Zuwanderungsgeschichte geben darin im Rahmen von Interviews eindrucksvolle Einblicke in eine für sie sehr schwere Zeit. Es wird deutlich, dass besonders die Organisation von Quarantäne- und Isolationsmaßnahmen in kleinen Wohnungen den Familien zu schaffen machte.

Eine Mutter von drei Kindern berichtet, wie das Wohn- und Schlafzimmer zur Coronaschleuse wurde, als die Familie in Quarantäne musste: Gesunde und Genesene blieben im Kinderzimmer. Rotierend wechselten die fünf Familienmitglieder von Zimmer zu Zimmer, je nach Testergebnis. Bei der kleinen Wohnung war richtiges Organisationstalent gefragt, erinnert sich die Mutter, die selbst drei Wochen krank im Schlafzimmer isoliert war.

Mit der Isolation kam zudem die Langeweile. Smartphone, Tablet und Fernseher waren daher besonders bei den Kindern im Dauereinsatz. „Wir konnten endlich mal eine Serie zu Ende schauen“, erzählt ein Familienvater schmunzelnd. Auch Heißhungerattacken und Streitereien zwischen Geschwistern nahmen zu. „Meine Kinder hatten ständig Hunger“, heißt es im Film.

Für einen arabischen Interviewpartner hatten die Einschränkungen großen Einfluss auf sein Lebensmittelgeschäft, das unter seiner Wohnung liegt. Die Einnahmen gingen drastisch zurück, weil die Kund*innen ausblieben, die Ausgaben aber blieben gleich. Seit den Lockerungen hat sich die finanzielle Lage wieder stabilisiert, wofür der Besitzer sehr dankbar ist.

Auf die Frage, wie das Wohnen in der Nordstadt empfunden wird, antworten die Teilnehmenden ganz unterschiedlich. Während ein älterer Familienvater sich um sein Kind und den Einfluss von „falschen Leuten“ auf der Straße sorgt, schätzen andere die Lebendigkeit, die Hilfsbereitschaft und die gute Versorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs.

Die Dokumentation liefert viele weitere beeindruckende Einblicke in den Alltag der Menschen während der Pandemie, die in engen Wohnverhältnissen leben und mit wenig Einkommen auskommen müssen. Großes Lob gab es daher aus dem Publikum, insbesondere auch darüber mit welcher Kreativität und Geduld sie durch die Pandemie gehen und trotz der kaum auszuhaltenden Widrigkeiten ihren Lebensmut und -freude aufrecht erhalten. Auch wenn alle von den Einschränkungen betroffen waren, wurde im Allgemeinen wenig über das Ausmaß der Schwierigkeiten berichtet, die die einkommensschwachen Menschen und Familien hart trafen. Dieser Film gab genau jenen Menschen eine Stimme , die sonst kaum Gehör in der Gesellschaft finden. Die Protagonisten im Film wurden als authentisch, traurig, erschöpft, herzlich und lebensfroh wahrgenommen.

Das Kino war mit ca. 80 Zuschauer*innen voll besetzt. Mit so vielen Nachfragen aus dem Publikum hatte der Filmemacher Abbas Doğan nicht gerechnet, freute sich aber sichtlich über das große Interesse. Während der anschließenden Diskussion erhielt er Verstärkung von den geladenen Podiumsgästen, die verschiedene Perspektiven zur aktuellen Wohnungspolitik einbrachten: Hannah Rosenbaum (Bezirksbürgermeisterin), Dr. Tobias Scholz (Geschäftsführer Mieterverein), Jan-Christoph Bremer (Leiter für Wohn- und Zugangsprojekte GrünBau gGmbH), Gamze Çalışkan (Beraterin für Zugewanderte Planerladen gGmbH ) und Mila Ellee (Moderatorin des Abends und Stadtplanerin).

Die Idee zu der Filmproduktion entstand im Rahmen der gleichnamigen Kampagne. In den letzten sechs Monaten hat der Planerladen mit der Kampagne „Corona bleibt. Was geht?“ über verschiedene Formate (digital und im öffentlichen Raum) auf die durch die Pandemie verstärkten Missstände in den Bereichen Arbeiten, Wohnen und Bildung aufmerksam gemacht. 

Der Filmabend wurde im Rahmen der Projekte „INKLUDO PLUS+“ und „Nordstadt to go!“ des Planerladen organisiert. Das Projekt INKLUDO PLUS+ wird mit Mitteln aus dem Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF) der EU kofinanziert. Das Projekt „Nordstadt to go!“ wird gefördert durch das Bundesministerium des Inneren und für Heimat (BMI).

Nachruf: In liebevoller Erinnerung an Abbas Doğan, der wenige Wochen nach der Filmvorführung verstarb. Wir sind in Gedanken bei seiner Familie und wünschen ihr Kraft, durch diese schwere Zeit zu kommen.