1. Info
  2. Aktuell
  3. Standpunkte
  4. Konfliktmanagement
  5. Materialien
  6. Stiftung
  7. Links
  8. Suche
  1. News
  2. Archiv
  3. Aktionen
  4. Newsletter

Aktuell:

Aktuell  News  Detail
23. März 2004

Dokumentation des Experten-Workshops nun erhältlich

"Diskriminierung im Wohnbereich bekämpfen. Freizügigkeit von Zuwanderern sichern." lautet der Titel einer soeben beim Planerladen e.V. erschienenen Druckschrift, die einen Experten-Workshop dokumentiert. Zu diesem trafen sich im vergangenen Oktober 26 Experten aus den Bereichen Integrationspolitik, Wohnungsmarkt, Stadtentwicklung, Verwaltung sowie Wissenschaft in Dortmund.

Die Veranstaltung und die nun erschienene Dokumentation wurde vom Ministerium für Gesundheit, Soziales, Frauen und Familie des Landes Nordrhein-Westfalen gefördert. In Ihrem Vorwort würdigt Sozialministerin Fischer die Arbeit des Planerladens, der sich um die Bekämpfung von Diskriminierung im Stadtteil und in der Nachbarschaft verdient gemacht hat und dessen Projekte und Aktivitäten über die Grenzen Dortmunds und Nordrhein-Westfalens hinaus Aufmerksamkeit erweckt und Anerkennung gefunden haben. Die Ministerin unterstreicht, dass sich der Workshop komplexe und schwierige Fragen gestellt hat, denen sich die Integrationspolitik immer häufiger gegenüber sieht.

Dr. Klaus Lefringhausen, der Integrationsbeauftragte des Landes Nordrhein-Westfalen, nennt in seinem Einführungsreferat eine belastbare Basis des Dialogs zwischen der einheimischen Bevölkerung und den verschiedenen Migrantengruppen, also zwischen Mehrheiten und Minderheiten, die Voraussetzung für eine gelingende Integration. So können Lösungen auch für schwierige Fragen, z.B. bei Moscheebauten, gemeinsam gefunden werden. Ängste, von jeder Seite, gilt es nicht zu verdrängen, sondern zu benennen und dadurch auflösbar zu machen. Andernfalls könnten sie von Demagogen missbraucht werden.

Zum Thema Diskriminierung besteht Einigkeit unter den Experten: Gerade auf dem Wohnungsmarkt, bei der Wohnungs- oder Immobiliensuche, werden Migranten oftmals diskriminiert. Sie haben im Schnitt höhere Mietausgaben als einheimische Mieter, müssen zu kleine und qualitativ schlechtere Wohnungen in Kauf nehmen und sind häufig gezwungen, sich auf bestimmte Stadtquartiere bei der Wohnungssuche zu beschränken. Oft stoßen sie auf Ablehnung durch Vermieter und Wohnungsgesellschaften, die die "gute Adresse" ihrer Häuser oder ihres Quartiers gewahrt wissen wollen und Migranten den Zuzug verwehren. Zuwanderer werden durch Quotierungen am Kauf von Immobilien oder Bauland gehindert oder bekommen, sofern sie selber Hauseigentümer oder Vermieter sind bzw. werden möchten, von Behörden und Banken Steine in den Weg gelegt. Zwar überlagern sich oftmals Diskriminierung und Probleme aufgrund der in der Regel schlechteren Einkommenssituation von Migranten. Dennoch ist die Tatsache der Diskriminierung nicht von der Hand zu weisen und verstärkt die ohnehin vorhandenen strukturellen Schwierigkeiten von Migranten auf dem Wohnungs- und Immobilienmarkt, auf den sie in Zukunft immer stärker drängen werden.

26 Experten aus Integrationspolitik, Wohnungsmarkt, Stadtentwicklung und Wissenschaft kamen zum Workshop nach Dortmund. Neben dem Integrationsbeauftragten nahmen Vertreter aus verschiedenen Städten teil, so Dr. Helmuth Schweitzer vom Büro für interkulturelle Arbeit aus Essen, Rosi Wolf-Almanasreh, vormals Leiterin des Amtes für multikulturelle Angelegenheiten der Stadt Frankfurt am Main, Sophie Graebsch-Wagener, Sozialdezernentin aus Bochum oder der Planungsdezernent der Stadt Dortmund, Ullrich Sierau. Ihre wissenschaftliche Sicht brachten u.a. Prof. Dr. Rudolf Giffinger aus Wien, Prof. Dr. Volker Kreibich von der Universität Dortmund, Prof. Dr. Hans van Amersfoort aus Amsterdam, Prof. Dr. Reiner Staubach, aus Höxter und Dortmund sowie Dr. Dirk Halm vom Zentrum für Türkeistudien in Essen in den Workshop ein. Neben Rainer Stücker, Jurist beim Dortmunder Miederverein, berichteten Vermieter und Makler mit Migrationshintergrund aus Dortmund über ihre Erfahrungen. Für die Arbeitsgemeinschaft Dortmunder Wohnungsunternehmen war Heinz-Peter Junker anwesend sowie von der Glückauf-Wohnungsbaugesellschaft aus Lünen Klaus Pfitzenreuter.

Während des ganztägigen Experten-Workshops stand, neben der Analyse der Situation von Migranten im Wohnbereich sowie dem Sichten guter und schlechter Beispiele, das Erarbeiten politischer Handlungsmöglichkeiten und Instrumente im Vordergrund. Diskutiert wurde darüber, wie das Negativimage von bestimmten "Zuwandererstadtteilen" aufgewertet werden kann oder welche Möglichkeiten es gibt, die Stigmatisierungen von Ausländerkonzentrationen abzubauen. Insgesamt wurde ein "gutes Integrationsklima" in der Gesellschaft, als wichtige Vorraussetzung für den Abbau von Diskriminierung angesehen. Dass das Integrationsklima heute noch vielfach getrübt ist, war allen Anwesenden klar. Hierzu muss zunächst noch in vielen Köpfen ein Umdenken vonstatten gehen.

Zur Schaffung einer rechtlichen Position der von Diskriminierung Betroffenen forderten die Workshop-Teilnehmer die zügige Umsetzung des von der EU vorgegebenen und längst überfälligen Antidiskriminierungsgesetzes durch die Bundesregierung. Damit würde ein wichtiges politisches Signal in die richtige Richtung gesetzt werden. Das Antidiskriminierungsgesetz ist aber umstritten: Gerade Vermieter sehen damit ihre Vertragsfreiheit eingeschränkt und befürchten, dass abgewiesene ausländische Wohnungsbewerber zukünftig den Rechtsweg einschlagen werden.

Eine zusätzliche Aktualität erlangte das Workshop-Thema durch den geplanten Bau einer Wohnsiedlung mit Moschee in Dortmund-Hörde, deren Initiatoren ebenfalls am Workshop teilnahmen. Mustafa Aydin vom Türkisch-Islamischen Kulturverein und Architekt Isa Karatas freuen sich einerseits über das Votum der Bezirksvertretung Hörde, die dem umstrittenen Bauprojekt am Vorabend des Workshops eine weitere Tür geöffnet hatte. Andererseits konnten sie auch von einer Vielzahl von Diskriminierungen und offenen Anfeindungen berichten, die eine Realisierung des Projektes erschweren.

Die 48-seitige Workshopdokumentation kann beim Antidiskriminierungsprojekt des Planerladen e.V. zum Preis von 10 Euro erworben werden.