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29. April 2024

Dortmunder Erklärung

Beim 9. Dortmunder Forums Geflüchtete, organisiert vom AK Kimble unter Mitwirkung des Planerladens, ist am 23. April 2024 Dortmunder Erklärung entstanden. Wir, die sich im Bereich Flucht, Migration und Teilhabe in Dortmund engagieren, stehen für eine Gesellschaft ein, in der die Würde des Einzelnen bedingungslos für alle gilt. Alle Geflüchtete, ob übers Mittelmeer oder den Landweg geflohen, sind in Dortmund willkommen.

Erstunterzeichnende auf dem 9. Dortmunder Forum Geflüchtete - Foto: Alex Völkel

Stehen auch Sie für Gleichbehandlung Geflüchteter ein und setzen ein sichtbares Zeichen, indem Sie die Dortmunder Erklärung -> hier unterzeichnen und die Informationen hierzu teilen.


Die Dortmunder Erklärung im Wortlaut:

Die Würde des Menschen ist unantastbar!
Dieser erste Satz in unserem Grundgesetz ist Maßstab unseres Handelns mit Schutzsuchenden in Dortmund. Wir stehen für eine Gesellschaft ein, in der die Würde des Einzelnen bedingungslos für alle gilt.
Alle Geflüchtete, ob übers Mittelmeer oder den Landweg geflohen, sind in Dortmund willkommen: Der Stadtrat hat Dortmund zum sicheren Hafen erklärt und damit deutlich gemacht, dass Dortmund bereit ist, Geflüchtete aufzunehmen, die im Mittelmeer gerettet werden.

Wir leben in einer Migrationsgesellschaft und haben eine lange Migrationsgeschichte. Wir repräsentieren eine offene und vielfältige Gesellschaft. Die Dortmunder Zivilgesellschaft lebt und ist engagiert. Durch diverse Aktionen verteidigt sie die Migrationsgesellschaft und zeigt eine eindeutige Positionierung: Dortmund ist bunt! Dortmund bleibt bunt!
Dennoch beobachten wir eine Diskursverschiebung nach rechts und teilen die Sorge, dass die Selbstverständlichkeit der Achtung der Menschenwürde und die "Willkommenskultur" verloren geht. In Deutschland und Europa stehen die Zeichen auf Abgrenzung. Wir sagen klar und deutlich: Nicht die Migration ist das Problem. Das Problem ist die Instrumentalisierung der Migration: Gesellschaftliche Herausforderungen werden nicht als Gestaltungsauftrag verstanden, sondern als Argument, die Ausgrenzung Geflüchteter voranzutreiben. Um Gesellschaft und Leben in Dortmund erfolgreich zu gestalten, muss entsprechend in eine starke soziale Infrastruktur investiert werden, also in Sozialwohnungen, Kitas, Schulplätze sowie Beratungs- und Betreuungsangebote.

Für eine rassismuskritische Gesellschaft
Wir stellen uns gegen jedwede Form von Rassismus und fordern die Gesellschaft, vor allem aber politisch Verantwortliche auf, eine klare Haltung zu zeigen. Bündnisse und Solidarität mit Menschen, die Rassismus erfahren, sind uns wichtig! Kein Mensch darf wegen seiner Identitäten diskriminiert und ausgeschlossen werden.

Für Menschenrechte und das individuelle Recht auf Asyl
Wir setzen uns für das individuelle Recht auf Asyl und somit für die im Grundgesetz, der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Genfer Flüchtlingskonvention verankerten Rechte ein. Diese Rechte dürfen nicht als leere Floskeln der Gewissensberuhigung, sondern müssen als Handlungsgrundsatz verstanden werden. Die Verschärfungen des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, die insbesondere der Abschreckung Geflüchteter und Auslagerung von Asylverfahren dienen sollen, lehnen wir ab. Innerhalb der Europäischen Union braucht es einen verbindlichen Solidaritätsmechanismus zwischen den Mitgliedstaaten sowie die konsequente Verfolgung (menschen-)rechtlicher Verstöße einzelner Mitgliedstaaten - vor allem an den EU-Außengrenzen.

Für mehr legale Zugangswege
In der aktuellen Debatte geht es in erster Linie um die Verhinderung sog. „irregulärer Migration“. Die Rede von „irregulärer“ oder „illegaler“ Migration ist irreführend und führt zu einer zunehmenden Wahrnehmung von Fluchtgeschehen als Bedrohung. Der Grenzübertritt Geflüchteter ist keine „irreguläre Migration“ und darf auch nicht als solche bezeichnet werden. Eine konstruktive Antwort auf die Zunahme sog. “irregulärer” Grenzübertretungen, die in der Regel großes Leid und (Re-)Traumatisierungen für die Betroffenen bedeuten, ist die Schaffung mehr legaler Zugangswege.

Für einen humanen Aufenthalt
Wir wenden uns gegen jede haftähnliche Unterbringung von Geflüchteten und Migrant*innen. Die aktuelle und immer wiederkehrende Diskussion, die vor allem auf die erneute Verschärfung der Abschiebungsregeln setzt, blendet aus, dass viele der Ausreisepflichtigen aus guten Gründen geduldet sind: eine Abschiebung ist oft aus menschenrechtlichen oder formalen Gründen unmöglich.

Für die Umsetzung der Rechte besonders Schutzbedürftiger
Für vulnerable Personengruppen wie Menschen mit Behinderungen, mit körperlichen oder psychischen Erkrankungen, (unbegleitete) Minderjährige, Schwangere, Alleinerziehende, ältere Menschen, queere Menschen sowie Opfer von Menschenhandel, Folter oder psychischer, physicher oder sexueller Gewalt, besteht ein besonderer Schutzbedarf. Deutschland ist europa- und völkerrechtlich dazu verpflichtet, die jeweils besonderen Bedürfnisse dieser Personen im Asylverfahren, in der Unterbringung und im Bereich der materiellen und medizinischen Leistungen zu berücksichtigen. Dieser Verpflichtung kommt Deutschland allerdings weiterhin nicht in ausreichendem Maße nach.

Für den Einbezug in die sozialen Regelsysteme
Für uns ist die Menschenwürde unteilbar. Das Asylbewerberleistungsgesetz mit seinen unterhalb des Existenzminimums angesiedelten Leistungen und eingeschränkter Gesundheitsversorgung gehört entsprechend abgeschafft. Wir lehnen daher jedwede Form von Abschreckung durch die Absenkung von Sozialleistungen, Einschränkung der Gesundheitsversorgung, Einführung von Bezahlkarten oder den Rückgriff auf Sachmittel ab. Die Ablehnung der Bezahlkarten in Dortmund ist ein erstes Zeichen in die richtige Richtung - aber dies reicht bei Weitem nicht aus.

Für eine soziale und solidarische Politik
Wir brauchen eine gestaltende und vorausschauende Flucht- und Migrationspolitik als Teil einer sozialen und solidarischen Politik für alle. Um die bestehenden Herausforderungen nachhaltig, solidarisch und ohne Einschnitte in die Grund- und Menschenrechte Geflüchteter anzugehen, muss daher massiv in die soziale Infrastruktur investiert werden. Ein zentrales Problem ist der Mangel bezahlbaren Wohnraums. Es braucht einen Ausbau der Kita- und Schulinfrastruktur, der neben einer systematischen Förderung von Kindern und Jugendlichen auch langfristig zu einer besseren Integration geflüchteter Frauen in den Arbeitsmarkt beitragen würde. Um all dies zu finanzieren, braucht es eine zukunftsfeste und gerechtere Finanz- und Steuerpolitik, die staatliche Handlungsfähigkeit und Demokratie stärkt und angesichts der vielfältigen Herausforderungen nachhaltig investiert.

Für eine gute Aufnahme und Unterbringung
Bei der Aufnahme und Unterbringung Geflüchteter sollten die Regelungen für die Aufnahme Schutzsuchender aus der Ukraine als gutes Beispiel dienen. Dabei hat insbesondere die freie Wahl des Wohnortes für diejenigen mit einer privaten Unterbringungsmöglichkeit, aber auch der direkte Zugang zu den regulären Sozialsystemen sowie dem Arbeitsmarkt zu einer großen Entlastung des Aufnahmesystems und der Kommunen geführt und war der Integration zuträglich. Für unbegleitete Minderjährige sind die geltenden Vorgaben des SGB VIII und der UN-Kinderrechtskonvention einzuhalten und deren Umsetzung sicherzustellen.

Für eine Ausschöpfung der Potentiale
Wir erleben einen Angriff auf die Migrationsgesellschaft, der einhergeht mit intensiven Bemühungen um eine selektive Anwerbepolitik von Fachkräften, während Schutzsuchenden gleichzeitig verwehrt wird, eine Ausbildung zu absolvieren oder Arbeit aufzunehmen. Wir fordern bestehende Arbeitsverbote abzuschaffen. Das Bildungspotential Geflüchteter sollte ausgeschöpft und ihre Ausbildungs- und Bildungsabschlüsse gefördert werden. Besonders notwendig ist hierbei die Förderung der Arbeitsmarktteilhabe von geflüchteten Frauen.

Für eine gemeinsame Flüchtlingspolitik
Wir, die sich im Bereich Flucht, Migration und Teilhabe in Dortmund engagieren, verstehen uns als Partner*innen für Politik. Mit vielen Diensten übernehmen wir – neben der Kommune – eine Vielzahl von Aufgaben bei der Aufnahme, Unterbringung und Integration Geflüchteter. Wir sind weiterhin bereit und vorbereitet, Geflüchtete aufzunehmen und zu unterstützen, Erfahrungen zu teilen und gemeinsam an Lösungen zu arbeiten.

Unterzeichnen Sie hier die Dortmunder Erklärung (nach unten scrollen)

 

Einen ausführlicher Bericht zum 9. Dortmunder Forum Geflüchtete finden Sie unter nordstadtblogger.de