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10. September 2025

Antidiskriminierungsberatung in NRW: Beratungszahlen steigen, Schutzlücken bleiben

Das Netzwerk für Antidiskriminierungsarbeit der Freien Wohlfahrtspflege NRW (Netzwerk ada.nrw) stellt seinen Jahresbericht 2024 vor – mit alarmierenden Zahlen: 1.043 neue Fälle wurden im vergangenen Jahr in den 42 ADA-Beratungsstellen dokumentiert. Das entspricht einem Anstieg um rund 15 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Das deckt sich mit den Erfahrungen der Beratungsstelle der Planerladen gGmbH in Dortmund: "Bei uns haben die Anfragen um 18% im vergangenen Jahr zugenommen und liegen damit noch leicht über dem Landesdurchschnitt", erläutert Regina Hermanns von der Antidiskriminierungsstelle, die sich mit rassistischer Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt beschäftigt. Und das ist nur die Spitze des Eisbergs, die Dunkelziffer der Fälle, die nicht gemeldet werden, ist hoch. In diesem Zusammenhang weist Anne Schlösser, Geschäftsführerin der Planerladen gGmbH, auf die Wichtigkeit der Dokumentation hin: "Mit ihren Analysen und Falldokumentationen liefern die ada-Jahresberichte einen wertvollen Beitrag zur Sichtbarmachung der Dimensionen und Ausprägungen von Diskriminierung und Rassismus in den zentralen Handlungsbereichen unserer immer mehr von Vielfalt geprägten Gesellschaft."

Dabei fällt auf, dass sich immer mehr Fälle in der Öffentlichkeit ereignen. Rassismus, Antisemitismus, Sexismus und Queerfeindlichkeit manifestierten sich dort besonders häufig – teils offen verbal oder körperlich. Die Zahlen machen deutlich, dass die Gesellschaft in Lager zerfällt. Ideen, die manche Menschen abwerten, finden immer mehr Platz.

Minderheiten werden für gesellschaftliche Krisen verantwortlich gemacht

Rassismus bleibt mit knapp 70 Prozent die häufigste Diskriminierungsform. Besonders häufig traten dabei Antimuslimischer Rassismus (39,1 Prozent) und Anti-Schwarzer Rassismus (22,8 Prozent) auf.

Auch Antisemitismus nahm 2024 deutlich im Vergleich zum Vorjahr zu und machte 6,8 Prozent aller dokumentierten Fälle aus - ein großer Anteil, bedenkt man die Größe der betroffenen Community.

Überdies zeigen die Zahlen: Mehr als die Hälfte aller dokumentierten Fälle fielen nicht in den Schutzbereich des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG). Besonders betroffen sind Menschen, die Diskriminierung im Bildungsbereich oder durch Behörden erleben – Bereiche, die bislang kaum rechtlich geschützt sind, weil sie vom AGG nicht abgedeckt werden.

 

Das Netzwerk ada.nrw fordert daher

1. eine umfassende Reform und Erweiterung des Antidiskriminierungsrechts

2. die Verabschiedung eines starken Landesantidiskriminierungsgesetzes für NRW, das insbesondere Diskriminierung durch staatliche Stellen erfasst und

3. die Einrichtung einer Ombudsstelle auf Landesebene.

Der Planerladen hatte Anfang dieses Jahres mit seiner Kampagne „Fair vermieten. Diskriminierung verbieten.“ auf die dringend notwendige Reform des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes aufmerksam gemacht und längst überfällige Anpassungen für einen starken Diskriminierungsschutz gefordert. „Denn in seiner aktuellen Fassung bietet das Gesetz zu viele Schutzlücken, die Diskriminierung Tür und Tor öffnen und es Betroffenen erschwert, das ihnen zustehende Recht einzufordern“, erläutert Hermanns. 

 

Wichtige Demokratiearbeit braucht finanzielle Sicherheit

Bis zum Ende des vergangenen Jahres hatten die Beratungsstellen vom Land NRW keine finanziellen Mittel zur Fortführung ihrer Arbeit im laufenden Jahr erhalten. Die Vorfinanzierung setzte kleinere Träger stark unter Druck und zwang sie teilweise sogar zur Aufgabe ihrer Angebote. „In den Zeiten zunehmenden Rechtspopulismus, in denen wir gerade leben, ist ein kontinuierliches Beratungsangebot umso wichtiger. Die Träger brauchen dafür verlässliche Rahmenbedingungen und finanzielle Sicherheiten. Oftmals können Fachkräfte aufgrund dieser Unsicherheiten jedoch nicht gehalten werden. Damit gehen nicht nur unerlässliche Qualifikationen und direkte, persönliche Kontakte verloren, sondern es bedeutet auch einen Vertrauensverlust in die Communities“, appelliert Planerladen-Geschäftsführerin Anne Schlösser an die Verantwortlichen.

Die Beratungsstellen für Antidiskriminierungsarbeit in NRW sind wichtige Anlaufstellen bei Rassismus, Antisemitismus und Diskriminierung. Wer Diskriminierung erlebt, findet unter www.ada.nrw den passenden Kontakt in der Region.

In Dortmund gibt es neben der Beratungsstelle beim Planerladen (Schwerpunkt Rassismus auf dem Wohnungsmarkt) mit ADIRA (Antisemitismus, rassistische Diskriminierung) und Train of Hope (antimuslimischer Rassismus und Queerfeindlichkeit) zwei weitere Anlaufstellen. 


Der Jahresbericht ada.nrw 2024 kann ab sofort unter https://www.ada.nrw/jahresbericht-2024 abgerufen werden.

 

Netzwerk ada.nrw

Das Netzwerk ada.nrw ist ein Beratungsnetzwerk gegen Diskriminierung in NRW. Es handelt sich um einen Zusammenschluss von mehr als 40 landesgeförderten Beratungsstellen gegen Diskriminierung in NRW (ADA-Beratungsstellen) in Trägerschaft von Mitgliedsorganisationen der sechs Wohlfahrtsverbände AWO, Caritas, Diakonie, DRK, Jüdische Gemeinden und des Paritätischen NRW. Jede ADA-Beratungsstelle im Netzwerk arbeitet eigenständig. Ihr Hauptanliegen ist die Begleitung und Stärkung von Ratsuchenden und Betroffenen von Diskriminierung. Der Beratungsfokus liegt mit unterschiedlichen Schwerpunkten auf rassistischer und antisemitischer Diskriminierung. Ein wichtiges Anliegen des Netzwerks ist es, die Qualität der Beratung durch juristische Begleitung, Dokumentation, Qualifizierung und Vernetzung sowie die Entwicklung gemeinsamer Beratungsstandards sicherzustellen.

Das Netzwerk ist erreichbar über die Website ada.nrw.

 

 

 

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Nachstehend finden Sie die komplette Pressemitteilung des Netzwerks sowie Jahres bericht und die zusammengefassten Ergebnisse in dem Onepager: